Nach der ständigen Rechtsprechung besteht unter bestimmten Voraussetzungen eine Rechtsvermutung der Konsensgemäßheit eines alten Gebäudes:
- die Erbauung des Altbestandes liegt derartig weit zurück, dass es fraglich erscheint, ob überhaupt eine Baubewilligung erteilt wurde;
- es fehlen zwar behördliche Unterlagen, aus denen sich die Konsensgemäßheit des Altbestandes ergibt, doch sprechen bestimmte Indizien dafür, dass eine Baubewilligung erteilt wurde;
- der Zeitpunkt der Erbauung liegt soweit zurück, dass – abgesehen von besonders gelagerten Fällen – auch bei ordnungsgemäß geführten Archiven erfahrungsgemäß keine entsprechenden Unterlagen aufgefunden werden können;
- es wurde von der Baubehörde niemals beanstandet, dass ein aufrechter Konsens fehle;
- es liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die gegen die Konsensgemäßheit des Altbestandes sprechen.
Diese Rsp fand Eingang in die Rechtsordnungen einzelner Bundesländer. § 36 TBO 2018 eröffnet die Möglichkeit die Vermutung einer Baubewilligung bescheidmäßig festzustellen, wenn für eine baubewilligungspflichtige bauliche Anlage eine Baubewilligung nicht nachgewiesen werden kann. Eine Vermutung besteht dann, wenn aufgrund des Alters der betreffenden baulichen Anlage oder sonstiger besonderer Umstände davon auszugehen ist, dass aktenmäßige Unterlagen darüber nicht mehr vorhanden sind, und überdies kein Grund zur Annahme besteht, dass die betreffende bauliche Anlage entgegen den zur Zeit ihrer Errichtung in Geltung gestandenen baurechtlichen Vorschriften ohne entsprechende Bewilligung errichtet worden ist.
Demgegenüber ist § 54 K-BO 1996 allgemeiner gehalten. Nach dieser Bestimmung ist das Vorliegen einer Baubewilligung zu vermuten, wenn für Gebäude und sonstige bauliche Anlagen, die seit mindestens 30 Jahren bestehen, eine Baubewilligung im Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich war, welche jedoch nicht nachgewiesen werden kann.
Der Steiermärkische Landesgesetzgeber kodifizierte die Rsp des VwGH in § 40 Stmk BauG. Nach dieser Norm gelten bauliche Anlagen als rechtmäßig, wenn sie vor dem 1. 1. 1969 errichtet wurden. Abweichend von der Rsp des VwGH zum vermuteten Konsens ist es nach der Lehre und der Rsp zu § 40 Abs 1 Stmk BauG völlig gleichgültig, ob und inwieweit das Bauwerk seinerzeit rechtmäßig errichtet worden ist. Auch wenn also die bauliche Anlage zur Zeit ihrer Errichtung nicht dem geltenden Baugesetz entsprach, greift die Vermutung des § 40 Abs 1 Stmk BauG, solange nur die Errichtung vor dem dort festgesetzten Zeitpunkt liegt.
Für die Erlassung von Feststellungsbescheiden hat der VwGH drei Möglichkeiten zugelassen.
- Gesetzliche Grundlage;
- von Amts wegen, wenn dies im öffentlichen Interesse gelegen ist;
- auf Antrag einer Partei, wenn dies für sie ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung darstellt, mit dem eine zukünftige Rechtsgefährdung abgewendet werden kann (rechtliches Interesse);
Aufbauend auf diesen Grundlagen untersuchen unser Partner, Mag. Mario Walcher, LL.M. und dessen Teammitglied Mag. Marco Wallner, ob ein Feststellungsbescheid im Anwendungsbereich des § 40 Abs 1 stmk BauG zulässig ist, obwohl ein solcher ausdrücklich nur in § 40 Abs 3 stmk BauG vorgesehen ist. Dabei beschäftigen sich die Autoren mit der Frage, ob die steiermärkische Regelung eine Rechtsvermutung oder eine Genehmigungsfiktion darstellt und worin der Unterschied dieser beiden Institute liegt.