Zielsetzung des Gesetzgebers bei der Schaffung der flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexKapG)
Wie bereits eingangs erwähnt, ist das Bundesgesetz über die Flexible Kapitalgesellschaft (Flexible-Kapitalgesellschafts-Gesetz – FlexKapGG) mit 01.01.2024 in Kraft getreten. Als Novum ist dieses Gesetz nicht nur deshalb anzusehen, weil es erstmals in der österreichischen Geschichte der Gesetzgebung in einer rein weiblichen Form verfasst wurde; es wird (vor allem) auch eine neue Kapitalgesellschaftsform in das österreichische Gesellschaftsrechtsgefüge eingeführt, nämlich die Flexible Kapitalgesellschaft (FlexKapG) oder – um ihre internationale Ausrichtung zu unterstreichen – auch Flexible Company (FlexCo). Vorbild für diese ursprünglich als „Austrian Limited“ konzipierte Kapitalgesellschaft war unter anderem die US-amerikanische „Limited Liability Company“.
Grundsätzlich orientiert sich die neue FlexKapG an den zwei in Österreich bereits bestehenden Kapitalgesellschaften, der GmbH und der AG. Die Bestimmungen des GmbH-Gesetzes kommen als leges generales dementsprechend auch bei der FlexKapG subsidiär zur Anwendung. Es finden sich im FlexKapGG jedoch auch Bestimmungen, welche aus dem Aktienrecht übernommen wurden. Im Gegensatz zu den Personengesellschaften kann die FlexKapG auch von einer einzelnen (natürlichen oder juristischen Person) gegründet werden.
Gesetztes Ziel der Regierung bei der Schaffung der FlexKapG war die Etablierung einer GmbH „plus“ mit gewissen Anleihen aus dem Aktienrecht (wie zB beim Erwerb eigener Geschäftsanteile), aber auch neuen Gestaltungsmöglichkeiten, einer gewissen Vereinfachung durch die Abschaffung bestimmter formaler Anforderungen im GmbH-Recht und die Beseitigung GmbH-spezifischer Unzulänglichkeiten. Die neu eingeführte FlexKapG soll aber vor allem auch die Verringerung des wirtschaftlichen Risikos von Gesellschaftern einer GmbH sowie durch die neue Beteiligungsform von Mitarbeitern in Form von so genannten „Unternehmenswert-Anteilen“ auch eine längerfristige Bindung der Mitarbeiter eines Unternehmens an die Gesellschaft fördern und damit eine attraktive Alternative zu den etablierten Gesellschaftsformen insbesondere für Startup-Unternehmen schaffen.
Die FlexKapG: Wesentliche Neuerungen und Unterschiede zur klassischen GmbH
Nunmehr soll auf die Besonderheiten der neuen Kapitalgesellschaft näher eingegangen werden:
Diese neue Kapitalgesellschaftsform hat verpflichtend die Bezeichnung „Flexible Kapitalgesellschaft“ oder „Flexible Company“ bzw. die jeweiligen Abkürzung „FlexKapG“ bzw „FlexCo“ zu enthalten. Neben der Neugründung ist auch eine (steuerneutrale) Umwandlung einer GmbH oder AG in eine FlexKapG möglich.
Das Mindeststammkapital der FlexKapG beträgt – wie bei der nach § 9a GmbHG vereinfacht zu gründenden GmbH – ebenfalls € 10.000,00. Es kann demnach auch durch ausdrücklichen Verweis in § 4 FlexKapG auf die vereinfachte Gründungsmöglichkeit nach § 9a GmbHG zurückgegriffen und die FlexKapG nach dieser Vorschrift originär gegründet werden. Neben dieser originären Gründung der FlexKapG besteht aber auch die Möglichkeit der Umwandlung einer GmbH in eine FlexKapG nach den Bestimmungen über die Änderung von Gesellschaftsverträgen sowie ebenfalls auch einer Aktiengesellschaft in eine FlexKapG entsprechend den Regeln über die Umwandlung einer AG in eine GmbH.
Der Mindestbarquote der FlexKapG beträgt € 2.500,00, der Mindestbetrag für die Stammeinlagen der einzelnen Gesellschafter beträgt grundsätzlich ein Viertel, jedenfalls aber € 1,00 pro Stammeinlage – und nicht wie bei der GmbH € 70,00.
Eine Verschärfung im vergleichsweise „flexiblen“ Regelungsregime bringt jedoch die erweiterte Aufsichtsratspflicht gegenüber der klassischen GmbH, welche nun auch bei „nur“ mittelgroßen Kapitalgesellschaften (iSd einschlägigen Vorschriften des UGB) besteht.
Die Gründung der FlexKapG ist – in Gleichschaltung mit der GmbH – nur durch einen Notariatsakt möglich. Allerdings ist für sie die vereinfachte elektronische Gründung durch einen elektronischen Notariatsakt und sofern die gesetzlichen Voraussetzungen des § 9a GmbHG vorliegen auch die vereinfachte Gründung nach dieser Bestimmung möglich und zulässig.
Der zwingende Notariatsakt für Gründungen einer GmbH kann daher „unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit“ geschlossen werden. Internationale Investoren, die Interesse an einer österreichischen GmbH oder FlexKapG haben, müssen daher nicht mehr persönlich vor einem inländischen Notar erscheinen, sondern können selbst an einer gesicherten Videokonferenz teilnehmen, in welcher der elektronische Notariatsakt errichtet wird.
Anders als bei der GmbH sind bei der FlexKapG aber Anteilsübertragungen und Übernahmeerklärungen bei einer Kapitalerhöhung als Alternative zum Notariatsakt auch durch eine „bloße“ anwaltliche (oder notarielle) (Privat-)Urkunde mit geringen formalen und inhaltlichen Erfordernissen möglich.
Als weiterer Vorteil der FlexKapG gegenüber der GmbH kann auch die Erleichterung bei Beschlussfassungen gesehen werden. So können Umlaufbeschlüsse der Gesellschafter etwa auch (und lediglich) per E-Mail gefasst werden, wofür bisher noch analoge Signaturen erforderlich waren.
Neu geschaffener Gesellschaftsanteil „light“ in Form der „Unternehmenswert-Anteile“
Wie bereits oben erwähnt, soll durch die Schaffung der FlexKapG vor allem die Möglichkeit eröffnet werden, Mitarbeiter (aber auch externe Investoren) zu attraktiven Bedingungen am erwarteten Unternehmenserfolg teilhaben zu lassen. Hierfür ist die Ausgabe von sogenannten „Unternehmenswert-Anteilen“ im Gesetz vorgesehen. Für deren Übernahme und Übertragung bestehen nur geringe Formalerfordernisse. Es reicht hierfür die bloße Schriftform (Unterschriftlichkeit) aus, eine Urkundenerrichtung durch einen Anwalt (oder Notar) ist hierfür zwar nicht vorgesehen, wenngleich aber empfehlenswert.
Die Unternehmenswert-Anteile dürfen in ihrer Gesamtheit nur in einem Ausmaß ausgegeben werden, das 25% des Stammkapitals der Gesellschaft nicht erreicht, müssen also weniger als 25% betragen.
Den Unternehmenswert-Beteiligten (Mitarbeiten oder Investoren) kommt dabei grundsätzlich keine Mitwirkung an der Willensbildung der Gesellschaft zu, sie sind aber auch nicht zu einer allfälligen Kapitalaufstockung verpflichtet. Über die Unternehmenswert-Anteile sind aber die Unternehmenswert-Beteiligten am Bilanzgewinn oder an Liquidationserlösen beteiligt, ohne dass ihnen jedoch ein Stimmrecht zukommt. Sie haben als weitere Einschränkung für ihre Beteiligung „light“ auch kein Recht auf eine Anfechtung und/oder Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen. Sonderrechte stehen den Unternehmenswert-Beteiligten aber auch im Exit Fall zu. So muss im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, dass den Unternehmenswert-Beteiligten ein „Mitverkaufsrecht “ zusteht, wenn die Gründungsgesellschafter ihre Geschäftsanteile mehrheitlich an Dritte veräußern.
Der Erwerb der Unternehmenswert-Anteile erfolgt dabei unentgeltlich oder zum Nominale und hat im Zeitpunkt der Übertragung an den Mitarbeiter/Investor auch keinerlei steuerliche Auswirkungen. Erst mit Verkauf dieser Anteile kommen begünstigte steuerliche Auswirkungen zum Tragen. So werden 75% des Verkaufserlöses mit pauschal 27,5% besteuert und erst die restlichen 25% fallen in die Regelbesteuerung (Einkommen- bzw Lohnsteuer). Es ist daher im Zeitpunkt der Unternehmens-Anteilsübertragung auch keine Bewertung der FlexKapG erforderlich!
Grundsätzlich unterliegen die Unternehmenswert-Beteiligten weder einer Ausfallshaftung noch besteht für sie eine Nachschusspflicht. Eine gewisse Vorsicht könnte aber bei Beteiligungen von Mitarbeitern an der Gesellschaft durch Unternehmenswert-Anteile dann geboten sein, wenn ein Mitarbeiter nicht fremdübliche, also über dem Branchenüblichen oder dem kollektivvertraglich Vorgesehenen liegende Einkünfte aus seiner unselbständigen Tätigkeit beim Unternehmen bezieht. Das FlexKapGG sieht nämlich den Ausschluss des strengen Verbots der Einlagenrückgewähr (nach § 82 Abs 1 und § 83 Abs 1 GmbHG) bei Unternehmenswert-Beteiligten ausdrücklich nicht vor. Nach dem Wortlaut des Gesetzes gelten also die diesbezüglichen restriktiven Bestimmungen des GmbHG auch für die Unternehmenswert-Beteiligten. Dies könnte – bei uneingeschränkter Anwendbarkeit des Einlagenrückgewährverbots – (gesellschaftsrechtliche) Haftungsfolgen für den unternehmenswertbeteiligten Mitarbeiter zur Folge haben (Rückforderungsanspruch der Gesellschaft auf überhöht gezahlte Gehälter, Haftung gegenüber der Gesellschaft für 5 Jahre, allenfalls sogar 30 Jahre). Soweit der Gesetzgeber hier keine eindeutige Klarstellung im FlexKapGG selbst treffen sollte, wird erst die zukünftige Rechtsprechung zeigen, ob und inwieweit diesbezüglich eine rechtliche Gleichbehandlung der Unternehmenswert-Anteile mit den „klassischen“ Geschäftsanteilen vorzunehmen sein wird.
Conclusio
Seit Inkrafttreten des Gesetzes wurden mit Stand Mai 2024 über 200 FlexKapG gegründet. Im Vergleich zu den in den letzten Jahren durchschnittlich über 30.000 neu gegründeten Gesellschaften mit beschränkter Haftung hält sich das Interesse der viel beschworenen Startup-Szene an der neuen Kapitalgesellschaft aber bislang offenbar in überschaubaren Grenzen. Dies ist wohl (auch) dem Umstand geschuldet, dass noch keinerlei Erfahrungswerte mit dieser neuen Gesellschaftsform bestehen und zu speziell FlexKapG-bezogenen rechtlichen Fragen auch Rechtsprechung bislang fehlt (auch wenn aufgrund der Subsidiarität des GmbHG zu vielen Themenkomplexen auf die bisherige Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann). Kritisiert wird aber auch und insbesondere die Erweiterung von Aufsichtsratspflichten sowie die komplexe Regelung von Investorenschichten.
Unserer Ansicht nach hätten die gewollten Neuerungen wohl auch durch eine Reformierung allein des GmbHG erzielt werden können. Die Zukunft wird es weisen, wie diese neue Gesellschaftsform insbesondere bei und von der gesetzlich wohl intendierten Zielgruppe der Startup-Unternehmen angenommen werden wird. Ausländische Investoren dürfte aber auch die FlexCo nicht bzw kaum anziehen, dafür sind die steuerlichen Bedingungen in Österreich im Vergleich zum internationalen Markt offenbar zu wenig attraktiv.