Österreichische Gesellschaft für Baurecht und Bauwirtschaft (ÖGEBAU) fordert die Novellierung des Bauträgervertragsgesetzes (BTVG)
Bereits vergangenes Jahr hat sich der Arbeitskreis Bauträger und Wohnbau der ÖGEBAU mit dem Reformbedarf des BTVG auseinandergesetzt und die ersten Vorschläge in einer Broschüre zu Papier gebracht. Gefordert werden u.a. die Erhöhung des Mindestwertes für die Anwendung des BTVG, die flexiblere Gestaltung von Ratenplänen, die Verlagerung des Fristenlaufes für den Haftrücklass sowie die Aufwertung der Position des Baufortschrittsprüfers. Erklärtes Ziel sei es, für alle Projektbeteiligten mehr Flexibilität bei gleichzeitig hoher Rechtssicherheit zu schaffen. (siehe dazu Gartner, Novellierung des Bauträgervertragsgesetzes (BTVG), http://oegebau.at/fileadmin/user_upload/Vorschlaege_der_OEGEBAU_zur _Reformierung_des_oesterreichischen_Baurechts.pdf [Stand 01.05.2022]).
Der Vorschlag der ÖGEBAU sieht eine Modernisierung bzw Neugestaltung der im Gesetz festgehaltenen Ratenpläne innerhalb des grundbücherlichen Sicherungsmodelles vor: Neben den bereits bestehenden Ratenplanmodellen A und B soll ein weiterer flexiblerer „Ratenplan C“ kommen. Dieser könnte bzw wird aus der eng gefassten Definition von Bauleistungen gemäß den bisher bekannten Ratenplänen A und B resultieren und soll die starr gestalteten Ratenpläne durch eine flexible und speziell definierte Ratenplangestaltung ergänzen. In diesem Zusammenhang soll durch die vorgeschlagene Aufwertung und Stärkung der Position des Baufortschrittsprüfers ein zusätzliches Sicherheitskriterium geschaffen werden. Aktuell ist die Funktion des Baufortschrittsprüfers auf die mehr/minder „optische“ Prüfung der Bauleistungen beschränkt. In der vorgeschlagenen Novelle soll der Baufortschrittsprüfer beim flexiblen Ratenplan C – zwingend – der Position einer örtlichen Bauaufsicht gleichgestellt werden.
Zusätzliche Änderungsvorschläge im Rahmen der BVTG-Novellierung sind unter anderem die Beseitigung der Ausnahmeregelung für KFZ-Abstellplätze vom Anwendungsbereich des Gesetzes, die Einbindung des Liegenschaftsverkäufers in das jeweils gewählte Sicherungssystem des BTVG sowie die Verschiebung des Beginns des Fristenlaufes für den Haftrücklass ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung der gesamten Anlage.
Anschließend sollen nunmehr ein paar Vorschläge im Detail behandelt und einige wenige Überlegungen dazu angestellt werden, ohne freilich Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.
Vorgeschlagene Neuerungen des § 1 sollen sowohl die Anforderungen für die Anwendbarkeit des BTVG erhöhen als auch eine Reaktion auf die bisherige Praxis betreffend die Sonderwünsche sein
Als Reaktion auf die immer höher werdenden Baukosten bzw. die Wertsteigerung von Liegenschaften und damit einhergehend die Erhöhung der Liegenschaftskaufpreise wird von der ÖGEBAU vorgeschlagen, den gemäß § 1 Abs 1 festgelegten Mindestwert – für Zahlungen des Erwerbers vor Fertigstellung an den Bauträger oder Dritte – von derzeit EUR 150,00 auf EUR 250,00 pro Quadratmeter Nutzfläche zu erhöhen. Erst bei Überschreiten dieses Wertes wäre das BTVG auf die konkreten Verträge anwendbar. Begründet wird dies mit den aktuellen Grundstücks-/Bauträgerprojektspreisen, welche allein schon durch deren Höhe die Nebenkosten wie etwa Grunderwerbsteuer oder gerichtliche Eintragungsgebühr den zu leistenden Betrag von EUR 150,00 pro Quadratmeter Nutzfläche erreichen lassen würden. Dies würde sodann auch die Anwendung des BTVG eröffnen, wenn der Bauträger – bei einem weit fortgeschrittenen Projekt – sich damit einverstanden erklärt, den vom Erwerber zu leistenden Kaufpreis erst nach Fertigstellung des Projektes (gemeint wohl „eigentlichen Vertragsgegenstand“) ausbezahlt zu bekommen.
Die Anhebung „erschwert“ auf den ersten Blick die Eröffnung des Anwendungsbereiches des BTVG. Diese Erhöhung ist aber notwendig und bei den gerade (noch) am Markt zu erzielenden Preisen gar nicht so erschwerend. Bei einer durchschnittlichen Wohnung in einer mittleren bis guten Lage (v.a. in den Städten wie Wien, Innsbruck, Graz, etc) sind die Preise teilweise schon so hoch, dass selbst diese Erhöhung des Mindestwertes nicht ausreicht, um die Anwendung des BTVG zu erschweren bzw auszuschließen. Aufgrund der teilweise (noch immer sehr) hohen Preise wird – wie bisher schon – der Anwendungsbereich des BTVG alleine durch die Zahlung der Grunderwerbsteuer, gerichtlichen Eintragungsgebühr, Treuhänderhonorar und/oder Beglaubigungskosten gegeben bleiben. In Hinblick auf die jeweilige Marktsituation könnte natürlich eine bundesländerabhängige Staffelung des Mindestwertes angedacht werden, basierend auf den durchschnittlichen Preisen je Quadratmeter und Bundesland.
Als weiterer Vorschlag wird angeregt, die Regelung des § 1 Abs 1 letzter Satz betreffend die in der Praxis oftmals vorkommenden Sonderwünsche dahingehend zu optimieren, dass eine „Wertgrenze“ normiert wird, welche mit 3 % des Gesamtpreises festgelegt werden soll. Den Überlegungen des Arbeitskreises der ÖGEBAU nach ist die Einbeziehung der Sonderwünsche in das Sicherungssystem des § 7 (schuldrechtliche Sicherung, grundbücherliche Sicherstellung des Rechtserwerbs auf der zu bebauenden Liegenschaft in Verbindung mit der Zahlung nach Ratenplan) zwar grundsätzlich wünschenswert, jedoch aus wirtschaftlicher Sicht gerade bei kleineren Auftragswerten (Sonderwünschen) oftmals nicht praktikabel, weil der Aufwand bzw die Kosten, welchen/welche letztendlich die Erwerberseite trägt, zu hoch wäre/wären.
Dieser Vorschlag ist grundsätzlich begrüßenswert, jedoch wäre darüber nachzudenken, eine geringfügige Anhebung und/oder Staffelung der Wertgrenze vorzunehmen, weil gerade bei besonders „günstigen“ Wohnungseigentumsobjekten die 3%-Grenze durch etwaige Sonderwünsche (hochwertigeres Material etc) leichter erreicht wird als bei ohnedies schon „teureren“ Wohnungseigentumsobjekten. Dabei gilt es auch und vor allem zu bedenken, dass oftmals schon ein höherer Liegenschaftswert im Endeffekt das Wohnungseigentumsobjekt teurer (und damit die Bemessungsgrundlage für die 3%-Schwelle höher) lassen werden wird und daher nicht so sehr und alleine die Ausführung bzw die verwendeten Materialien im Rahmen von Sonderwünschen bestimmend sein werden.
Im Rahmen eines Bauträgerprojektes neu zu schaffende Kfz-Abstellplätze sollen künftighin dem BTVG unterliegen
Künftig sollen auch im Rahmen eines Bauträgerprojektes neu zu schaffende Kfz-Abstellplätze – geht es nach dem Vorschlag des Arbeitskreises – uneingeschränkt dem Regime des BTVG unterliegen. Begründend wird dazu die Wohnrechtsnovelle 2006 angeführt, welche die Verpflichtung zur gesonderten Schaffung von Kfz-Abstellplätzen im Rahmen des Wohnungseigentums bzw. als eigenes Wohnungseigentumsobjekt vorsah.
Es wird in dem Arbeitspapier der ÖGEBAU pauschal von einer Regelungslücke gesprochen, was – bedenkt man die tatsächlich möglichen Varianten – etwas überschießend erscheint. Neu zu errichtende Kfz-Abstellplätze sind natürlich ein Teil des Bauträgerprojektes, wirtschaftlich ist es zudem natürlich sinnvoll diese in einer Einheit mit einer Wohnung etc zu verkaufen und nicht etwa getrennt. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass ein Kfz-Abstellplatz in den ersten drei Jahren nach Wohnungseigentumsbegründung ohnehin nur von einer Person oder Eigentümerpartnerschaft erworben werden kann, der Wohnungseigentum an einer Wohnung oder einem selbständigen Geschäftsraum der Liegenschaft (Bedarfsobjekte) zukommt. Denkbar wäre es, einen Kfz-Abstellplatz entweder gesondert an eine solche Person oder Eigentümerpartnerschaft zu verkaufen oder vor Ablauf dieser drei Jahre an einen Dritten in Bestand zu geben. Diese Rechtsgeschäfte wären grundsätzlich derzeit nicht vom BTVG erfasst.
Jedoch ist zu bezweifeln, dass im erstgenannten Fall die beiden (oder mehrere) an dieselbe Person oder Eigentümerpartnerschaft verkauften Wohnungseigentumsobjekte (Eigentumswohnung und KFZ-Abstellplatz) nicht eine wirtschaftliche Einheit darstellen und diesfalls das BTVG nicht ohnehin zur Anwendung gelangen würde, zumal – blickt man aus verwaltungsrechtlicher Sicht auf dieses Problem – etwa im Stmk. BauG ohnehin vorgesehen ist, dass zB zumindest ein Kfz-Abstellplatz je Wohneinheit geschaffen werden muss. Vorrangiger Zweck eines zu schaffenden Kfz-Abstellplatzes wird es ohnedies sein, diesen dem jeweiligen Erwerber einer Wohnung zuzuordnen bzw mit der Wohnung als (wirtschaftliche und vertragliche) Einheit zu verkaufen. Schon aufgrund dieser vertraglichen Verflechtung des Verkaufs der Wohnung mit dem KFZ-Abstellplatz gelangte das BTVG zur Anwendung und der Erwerber wäre infolge des gemeinsamen Kaufpreises und der darauf basierenden Ratenzahlungen in Verbindung mit einer § 40 Abs 2 WEG-Anmerkung ohnehin zB mit dem grundbücherlichen Sicherungsmodell „abgesichert“.
Im zweitgenannten Fall (Inbestandgabe) kann von einer echten „Regelungslücke“ gesprochen werden. Der diesbezügliche Vorschlag der ÖGEBAU würde für Klarheit sorgen und diese Lücke wohl dahingehend schließen, den Erwerber durch die Anwendung des BTVG vor Verlusten in der Insolvenz des Bauträgers zu schützen. Auf der anderen Seite würde diese Regelung aber dem Bauträger jedoch eine gewisse Freiheit und Flexibilität nehmen, über die zu errichtenden Wohnungseigentumsobjekte zu verfügen; dies etwa insbesondere bei Projekten, bei welchen – aus welchen Gründen auch immer – (bewusst) eklatant mehr KFZ-Abstellplätze errichtet werden, als eigentlich erforderlich.
Neugestaltung der Ratenplanmodelle A und B sowie Schaffung eines flexibleren Ratenplanmodelles C in Verbindung mit einer Aufwertung der Stellung des Baufortschrittsprüfers
Die bisherige Ausgestaltung der Ratenplanmodelle A und B ist zunehmend unwirtschaftlich geworden. Vielfach wurde in der Praxis der Umstand kritisiert, dass die Baufortschrittsdefinitionen mit der Praxis nicht mehr vereinbar und die Ratenplanmodelle an sich zu starr seien. Zusätzlich wird nunmehr ein drittes, flexibleres bzw frei gestaltbares Ratenplanmodell vorgeschlagen, welches möglichst verhindern solle, dass der Bauträger mit bestimmten Zahlungen an den Generalunternehmer in Vorlage treten muss. Damit einhergehend sieht der Vorschlag aber auch die Aufwertung der Stellung des Baufortschrittsprüfers vor, welche der vorgeschlagenen Position und Verpflichtung nach zu einer begleitenden Baukontrolle iSe Bauaufsicht erweitert werden soll; dies mit dem Ziel, eine externe Qualitätssicherung zu schaffen.
Die stärkere Gewichtung der Raten bei „Baubeginn“ und „Rohbau und regendichtes Dach“ ist aus Sicht eines Bauträgers wünschenswert, weil dieser durch die Anpassung der Prozentsätze zu Beginn immerhin 10% mehr als bisher zur Verfügung gestellt bekäme und damit einer eventuellen Vorleistung(spflicht) des Bauträgers gegenüber dem Generalunternehmer entgegengewirkt würde. Die Neuausrichtung der Ratenplanmodelle A und B ist insgesamt als gelungen zu betrachten. Das neu einzuführende Ratenplanmodell C bedarf jedoch einer eingehenden Diskussion. In dieser Konstellation wird dieses Modell bei Althaussanierungen, Dachgeschossausbauten sowie Errichtung von Häusern in Modulbauweise interessant und relevant werden.
Zudem soll der Baufortschrittsprüfer zu einer Art „begleitenden Baukontrolle“ werden.
Fraglich bleibt natürlich, wer die Gestaltung des Ratenplanes C überprüft und was passiert, wenn es dabei zu Fehlern kommt, welche sich erst zu einem späteren Zeitpunkt zeigen. Es stellt sich weiters die Frage, wie sich die Mehrkosten der nunmehr aufgewerteten Qualitätskontrolle des Baufortschritts auf die jeweiligen Verkaufspreise auswirken werden und wie die erweiterte Haftung des Baufortschrittsprüfers auszugestalten sein wird.
Conclusio
In Anbetracht der obigen Ausführungen sind die Überlegungen zu einer (mittlerweile) notwendigen Novelle des BTVG dem Grunde nach gut überlegt und bilden eine solide Basis für einen breiten fachlichen Diskurs, welcher tunlichst bald aufgenommen werden sollte, sodass in absehbarer Zeit und adäquat auf die bereits zahlreichen Änderungen reagiert werden kann und ein an sich gelungenes Gesetz wieder den Anforderungen der Zeit entspricht. Die Tatsache, dass dieser Vorschlag bereits dem Ministerium vorgelegt wurde, lässt – zumindest – vage hoffen.