Bisherige Rsp des OGH:
Rechtsdogmatischer Ausgangspunkt der Zulässigkeit von Kreditbearbeitungsgebühren bildet § 879 Abs 3 ABGB: „Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.“
Nicht dem Anwendungsbereich des § 879 Abs 3 ABGB unterliegen nach dieser Bestimmung die Hauptleistungspflichten der Vertragsparteien. Dies sind jene Vertragsbestandteile, die die Parteien vereinbaren müssen, damit überhaupt ein hinreichend bestimmter Vertrag zustande kommt (sog „essentialia negotii“).
Derartige Hauptleistungspflichten bilden zB das Hauptleistungsentgelt, dass der Hauptleistung des Unternehmers synallagmatisch gegenübersteht, wie zB der zu zahlende Kaufpreis als Gegenleistung für die gewünschte Ware. Diese Leistungen unterliegen daher nicht der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB. Anderes gilt hingegen für Zusatzentgelte, mit denen über die Hauptleistung hinausgehende Zusatzwünsche des Verbrauchers abgegolten werden (zB ein Stornorecht/Rücktrittsrecht). Diese Zusatzleistungen sind am Maßstab des § 879 Abs 3 ABGB zu messen.
Im Jahr 2016 befasste sich der OGH erstmals mit Kreditbearbeitungsgebühren und vertrat die Rechtsansicht, Vereinbarungen über Bearbeitungsgebühren als Hauptvertragsbestimmungen unterlägen nicht der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB. Ferner sprach er aus, selbst wenn man solche Bearbeitungsgebühren der Inhaltskontrolle unterziehen würde, wären sie nicht gröblich benachteiligend (OGH 30.03.2016, 6 Ob 13/16d).
Eine Wende schienen die sogenannte Fitnessstudio-Rsp im Jahr 2022 zu bringen (OGH 18.10.2022, 4 Ob 59/22p sowie 18.10.2022, 4 Ob 62/22d). Ausgangspunkt bildeten die EuGH-Entscheidungen zur Rs Caixabank II (EuGH 16.07.2020, C-224/19 sowie 16.07.2020, C-259/19). Darin sprach der EuGH nämlich aus, eine Kreditbereitstellungsprovision sei „nicht allein deshalb als eine Hauptleistung eines Hypothekendarlehensvertrags“ anzusehen, „weil sie in dessen Gesamtkosten enthalten ist„. Noch deutlicher wird der EuGH in der Rs Caixabank III (EuGH 16.03.2023, C-565/21). Darin sprach der EuGH klar aus, dass Bereitstellungsprovisionen im Zusammenhang mit der Prüfung, Gewährung oder Bearbeitung eines Hypothekendarlehens selbst dann nicht zum „Hauptgegenstand des Vertrags“ iSd Klausel-RL gehören, wenn diese Provisionen einen Hauptteil des Preises bilden.
Aufbauend auf diesen Entscheidungen des EuGH sprach der OGH in der Fitnessstudio-Rsp aus, dass seine davor ergangene Rechtsprechung, wonach alles, was der Kreditnehmer über die Rückgabe der Valuta hinaus für den Erhalt der Leistung des Kreditgebers zu geben hat, und daher auch laufzeitunabhängige „Bearbeitungs-“ oder „Manipulationsgebühren“, Entgelt und daher nicht kontrollunterworfen sei, nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH in unionsrechtlichem Lichte neu zu bewerten sei.
Ob daher Kreditbearbeitungsgebühren der Inhaltskontrolle gem § 879 Abs 3 ABGB unterliegen und ob diese bzw unter welchen Voraussetzungen diese gröblich benachteiligend sind, ist nach der Fitnessstudio-Rsp offen.
OGH 23.01.2024, 2 Ob 238/23y:
Zum Sachverhalt:
Mit seiner jüngsten Entscheidung zu Kreditbearbeitungsgebühren ließ der OGH erneut aufhorchen. Im dortigen Verfahren klagte der Verein für Konsumenteninformation eine Bank, welche im rechtsgeschäftlichen Kontakt mit österreichischen Verbrauchern regelmäßig ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet.
Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehen – soweit für diesen Beitrag von Relevanz – unter dem Punkt „Konditionen“ folgenden Inhalt auf:
- Einmalige Bearbeitungsgebühren von 4,000% des Kreditbetrags, die dem Kreditkonto angelastet wird (Klausel 1);
- Erhebungsspesen iHv € 75,00, Überweisungsspesen iHv € 15,00 und Kosten für Porto und Drucksorten iHv € 25,00, die vom Kreditauszahlungsbetrag abgezogen werden (Klausel 2).
Der klagende Verein begehrte unter anderem, der beklagten Bank die Verwendung der eben genannten Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Verbrauchern zu untersagen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts mit Ausnahme der gegenständlich nicht behandelten Klausel 3.
Das Berufungsgericht ging betreffend die Bearbeitungsgebühr (Klausel 1) davon aus, dass diese entgegen der bisherigen Rsp keine Hauptleistung (mehr) darstelle und gröblich benachteiligend sei, weil sie in keiner Relation zum Bearbeitungsaufwand stehe und Tätigkeiten abgelte, die für den Vertragsabschluss ohnehin zwingend erforderlich seien.
Die Vereinbarung von Erhebungsspesen, Überweisungsspesen und Kosten für Porto und Drucksorten (Klausel 2) sei laut Berufungsgericht intransparent, weil nicht klar sei, ob nur eine einmalige oder auch mehrfache Verrechnung in Betracht komme.
Entscheidung des OGH zur Bearbeitungsgebühr (Klausel 1):
Der Oberste Gerichtshof prüfte die Klauseln lediglich auf Übereinstimmung mit dem Transparenzgebot. Mit der Frage, ob die beiden Klauseln gröblich benachteiligend im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB seien, musste sich der Oberste Gerichtshof in weiterer Folge nicht mehr beschäftigen.
Vom Transparenzgebot ist das Gebot der Erkennbarkeit, Verständlichkeit, Bestimmtheit, Differenzierung, Richtigkeit und Vollständigkeit umfasst.
Das Transparenzgebot wird dann verletzt, wenn die Auswirkungen einer Klausel für den Verbraucher als Kreditnehmer unklar bleiben. Das Transparenzgebot verfolgt insbesondere das Ziel, eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung allgemeiner Vertragsbestimmungen sicherzustellen.
Im gegenständlichen Fall sieht der Oberste Gerichtshof die obgenannte einmalige Kreditbearbeitungsgebühr (Klausel 1) als intransparent und folglich unzulässig an.
Begründend führt der Oberste Gerichtshof aus, dass der Begriff der „Kreditverarbeitungsgebühr“ für sich genommen als alleinige Klausel (ohne Überschneidungen mit anderen Klauseln) grundsätzlich ausreichend transparent ist, weil der Verbraucher als Kreditnehmer aufgrund der Bezeichnung als „Kreditverarbeitungsgebühr“ verstehen kann, dass diese Gebühr die Tätigkeit und den Aufwand der Bank bei der Bearbeitung und Bereitstellung des Kredites betrifft.
Die Besonderheit der gegenständlichen Fallkonstellation liegt jedoch laut Obersten Gerichtshof darin begründet, dass der Kreditnehmer nicht nur zur a) Zahlung einer einmaligen Kreditbearbeitungsgebühr verpflichtet ist (Klausel 1), sondern auch b) zur Zahlung von Erhebungs- und Überweisungsspesen sowie Kosten für Drucksorten und Porto (Klausel 2).
Im gegenständlichen Fall erachtet der Oberste Gerichtshof die Kreditverarbeitungsgebühr bzw die Klausel 1 aufgrund deren unklaren Überschneidung mit der Klausel 2 für intransparent.
Die Bearbeitungsgebühr dient laut Obersten Gerichtshof nämlich der Abgeltung der Tätigkeit und des Aufwands der Bank bei der Bearbeitung und Bereitstellung des Kredits und deckt daher grundsätzlich auch die mit den Zusatzentgelten (Klausel 2) verrechneten Leistungen ab.
Laut Obersten Gerichtshof ergibt sich die Intransparenz im konkreten Fall daraus, dass die beklagte Bank in anderen Klauseln weitere Entgeltansprüche (Klausel 2) für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Bearbeitung und Bereitstellung des Kredites begründet, sodass unklar bleibt, welche Leistungen noch durch die allgemeine Bearbeitungsgebühr abgegolten werden sollen (Klausel 1).
Der Oberste Gerichtshof kommt daher im gegenständlichen Fall zu dem Ergebnis, dass die vereinbarte Bearbeitungsgebühr mangels Überprüfbarkeit von Überschneidungen mit den übrigen Entgelten (Klausel 2) am Vertrag als Ganzes gemessen intransparent ist.
Mit vereinfachten Worten kommt der Oberste Gerichtshof also zu dem Ergebnis, dass der Verbraucher als Kreditnehmer nicht ausreichend klar überprüfen kann, inwieweit es zwischen der Kreditbearbeitungsgebühr (Klausel 1) und weiteren Entgelten (Klausel 2) zu Überschneidungen bzw einer Doppelverrechnung kommt.
Entscheidung des OGH zur Bearbeitungsgebühr 2:
Der Oberste Gerichtshof sieht (auch) die (Klausel 2) betreffend Erhebungsspesen, Überweisungsspesen und Kosten für Porto und Druckkosten als intransparent und folglich unzulässig an.
Die diesbezügliche Beurteilung der Klauseln als intransparent durch das Berufungsgericht mit der Begründung es sei unklar, wie oft die Spesen verrechnet würden, ist nach Ansicht des OGH vertretbar. Die Bezugnahme auf den Abzug vom Kreditauszahlungsbetrag mag zwar eine einmalige Verrechnung nahelegen, jedoch ist eine mehrfache Verrechnung nicht ausgeschlossen, weil derartige Spesen auch nach Kreditvertragsabschluss noch laufen können und anders als bei der Bearbeitungsgebühr gerade nicht auf die Einmaligkeit hingewiesen wird.
AUSBLICK
Aus Sicht der Autoren hat der OGH daher auch mit der jüngsten Entscheidung zu Kreditbearbeitungsgebühren (23.01.2024, 2 Ob 238/23y) nicht die erhoffte Klarheit geschaffen.
Die in Rede stehende Klausel bezieht sich nämlich einerseits auf einen Verbandsprozess (Klauseln sind im kundenfeindlichsten Sinn auszulegen) und andererseits auf die Verwendung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie nur gegenüber Verbrauchern im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes.
Die in Rede stehende Entscheidung bezieht sich daher gerade nicht auf Kredite an Unternehmen im Sinne des KSchG.
Ferner stützte der OGH seine Entscheidung, mit der er die Klauseln als nichtig erklärte, gerade nicht auf § 879 Abs 3 ABGB (Inhaltskontrolle), sondern begründete seine Entscheidung mit der Intransparenz der Klauseln. Demnach sind aus dieser Entscheidung keine Rückschlüsse möglich, ob der OGH Kreditbearbeitungsgebühren – wie bisher – als nicht kontrollfähige Hauptleistung und grundsätzlich nicht gröblich benachteiligend qualifiziert oder ob und gegebenenfalls welche weiteren Erfordernisse er dafür aufstellt.
Ist die Naturalrestitution tunlich, kommt es nur dann zu einem vollen Ersatz der Austausch- oder Reparaturkosten, wenn keine Verbesserung der beschädigten Sache eintritt und der Geschädigte solcherart nicht bereichert ist.
Wird die Sache durch Naturalrestitution hingegen wertvoller und erlangt der Geschädigte solcherart wirtschaftliche und also bereicherungsrelevante Vorteile, so hat er diese durch eine Zahlung an den Schädiger auszugleichen oder sich hiefür einen Abzug von den Wiederherstellungskosten (bzw vom diesbezüglichen Deckungskapital) gefallen zu lassen. Man spricht diesfalls vom sogenannten Vorteilsausgleich bzw einem Abzug „neu für alt“. Werden bloß einzelne Bestandteile einer Gesamtsache (wie etwa das Dach eines Gebäudes) ausgetauscht oder repariert, so ist für die Beurteilung der Höhe des Vorteilsausgleichs in einem ersten Schritt auf die Werterhöhung der Gesamtsache (nicht aber des einzelnen Ersatzteils) und erst in einem zweiten Schritt auf das Verhältnis zwischen der Lebensdauer der Gesamtsache und jener des ausgetauschten Ersatzteils abzustellen. Hätte nämlich dieselbe Reparatur auch ohne das schadensstiftende Ereignis später ohnehin vorgenommen werden müssen, so besteht – selbst bei Ausbleiben einer Werterhöhung der Gesamtsache – der zu ersetzende Schaden nur in der Differenz zwischen dem Verkehrs- bzw Zeitwert des Bestand- bzw Einzelteils vor und nach der Schädigung.