Rechtzeitiger Baubeginn am Beispiel des Stmk BauG

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  • Recht
Dez 2023

Hat man im Rahmen eines nicht selten kostspieligen und nicht weniger selten langwierigen Verfahrens endlich eine Baubewilligung erwirkt, so liegt es einem naturgemäß daran, dieser Baubewilligung nicht wieder verlustig zu gehen. Zu einem solchen Verlust der erwirkten Baubewilligung kommt es etwa dann, wenn der Baubeginn überhaupt nicht, nicht hinreichend bescheidkonform oder auch nur nicht rechtzeitig gesetzt wird. Die Erfahrung zeigt, dass in der Praxis leider oftmals zur Bewahrung der Baubewilligung untaugliche Maßnahmen gesetzt werden. So wird vielfach bloß eine Baubeginnsanzeige gegenüber der Baubehörde erstattet oder etwa bloß mit dem Abbruch bestehender baulicher Anlagen begonnen. Weder durch den einen, noch durch den anderen Akt wird jedoch ein rechtzeitiger Baubeginn gesetzt, sodass der Baubewilligungsinhaber Gefahr läuft, die erwirkte Baubewilligung zu verlieren. Die nachstehende Abhandlung soll anhand der Rechtslage in der Steiermark aufzeigen, wann – nach der Rechtsprechung der Gerichte des öffentlichen Rechts – jedenfalls ein rechtzeitiger Baubeginn gesetzt wird:

Erlöschen der Baubewilligung:

Im § 31 Stmk BauG ordnet der Gesetzgeber an, dass „die Baubewilligung [dann] erlischt, wenn mit dem Vorhaben nicht binnen fünf Jahren nach Rechtskraft begonnen wird“.

 

Wie die je einzelfallbezogene Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts beweist, bereitet die Auslegung dieser Bestimmung in der Praxis regelmäßig Probleme. Dies liegt vor allem daran, dass sich weder aus dem Gesetz, noch aus den Materialien ergibt, was der Gesetzgeber unter dem Passus „begonnen wird“ verstanden wissen wollte. Ebenso wenig ist dem Gesetz zu entnehmen, was genau unter dem Begriff „Vorhaben“ zu verstehen sei.

 

Unstrittig ist immerhin aber die Dauer der Frist (5 Jahre), die dem Baubewilligungsinhaber für einen rechtzeitigen Baubeginn zukommt, sowie der Zeitpunkt, ab dem diese Frist läuft (namentlich der Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung).

 

Weiters besteht auch Einvernehmen darüber, dass das Stmk BauG – anders als die Bauordnungen der anderen Bundesländer – keine sogenannte Fertigstellungsfrist kennt. Anders gewendet: Wurde ein Baubeginn erst einmal rechtzeitig gesetzt, kann die Baubewilligung nicht mehr erlöschen, und zwar unabhängig davon, ob und wann der Rest des Vorhabens errichtet wird.

 

Eine Möglichkeit zur Verlängerung der oben genannten Frist (zB durch einen Antrag) ist dem Stmk BauG fremd.

 

Wird mit dem Bau des Vorhabens nicht innerhalb von 5 Jahren nach Rechtskraft der Baubewilligung begonnen, tritt der Baubewilligungsbescheid durch den bloßen Zeitablauf und ohne jeden weiteren Akten der Baubehörde (also automatisch) außer Kraft und erlischt damit auch das Recht aus der Baubewilligung.

 

Mit der Frage danach, ob ein Baubeginn überhaupt und – bejahendenfalls – rechtzeitig gesetzt worden sei, sehen sich nicht nur Private und Unternehmer (insbesondere Bauträger) in der Steiermark, sondern auch in den anderen Bundesländern, die sehr ähnliche (und genauso unbestimmte Normen) in deren Baugesetzen enthalten, regelmäßig konfrontiert.

 

Angesicht des vagen Gesetzeswortlautes landauf landab musste sich der VwGH mit dieser Frage bereits mehrfach auseinandersetzen.

 

In diesen Entscheidungen wurden durch den VwGH allgemeine Kriterien herausgearbeitet, die dem Baubewilligungsinhaber dabei helfen sollen, jedenfalls einen rechtzeitigen Baubeginn zu setzen.

 

Nachstehend wird auf diese Judikatur des VwGH sowie die von diesem erarbeiteten allgemeinen Kriterien näher eingegangen. Die Tatsache, dass dabei auch Bezug auf Entscheidungen des VwGH zu den Baugesetzen anderer Bundesländer genommen wird, schadet im Gegenstand aufgrund der Identität der Bestimmungen und damit Parallelität zum § 31 Stmk BauG nicht.

Die durch den VwGH erarbeiteten Voraussetzungen für den rechtzeitigen Baubeginn:

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH, und zwar zu den Baugesetzen aller Bundesländer, ist als Baubeginn „jede auf die Errichtung eines bewilligten Bauwerkes gerichtete bautechnische Maßnahme […] zu qualifizieren“.

 

In diesem Zusammenhang hat der VwGH bereits mehrfach klargestellt, dass es dabei ausschließlich auf ein objektives, nach Außen hin wirksames faktisches Geschehen ankommt (VwGH VwSlg 11.796 A/1985; 23.01.1996, 95/05/0194; 17.04.2012, 2009/05/0313). Dem subjektiven Willen des Baubewilligungsinhabers kommt bei Beurteilung dieser Frage hingegen keinerlei Relevanz zu (Trippl/Schwarzbeck/Freiberger, Stmk BauR5 § 31 Stmk BauG Anm 4). Der Baubeginn stellt also stets eine faktische Baumaßnahme und keinen Willensakt dar.

 

Mehrfach bestätigt hat der VwGH außerdem, dass es unerheblich ist, in welchem Größenverhältnis die durchgeführten Arbeiten zum geplanten Vorhaben stehen.

 

So kann etwa die Errichtung bloß eines kleinen Teiles des Fundamentes (VwGH 23.01.1996, 95/05/0194; 25.09.2007, 2006/06/0001) oder auch nur die Aushebung der Baugrube (VwGH 23.01.1996, 95/05/0194; 29.08.2000, 97/05/0101; 17.04.2012, 2009/05/0313) dann als Baubeginn angesehen werden, wenn diese bautechnische Maßnahme der Herstellung des baubewilligten Vorhabens dient.

 

Wird durch den Baubewilligungsinhaber hingegen bloß eine Betonplatte an einem Ort errichtet, an dem nach dem baubewilligten Einreichplan keine vorgesehen war, liegt kein rechtzeitiger Baubeginn vor, da diese Arbeiten nicht der Herstellung des baubewilligten Vorhabens dienen.

 

Ebenso wenig reichen nach der Judikatur des VwGH für einen rechtzeitigen Baubeginn reine Vorbereitungshandlungen aus, wie zB die Öffnung einer Betondecke zur Überprüfung der Statik, Trassierung durch Kennzeichnung in der Natur und die Vermessung der Wasserführung durch Aufstellung einer Maßanlage, das Freimachen des Baugrundes durch Abbruch von bestehenden Anlagen oder die Errichtung der Baustelle. (Steinwender, Kärntner Baurecht [2017] § 37 Rz 4; vgl ebenso VwGH 31.07.1979, VwSlg 9754 A betreffend Tirol).

 

Keinesfalls kann die bloße Bekanntgabe des Baubeginns durch den Bauführer gegenüber der Baubehörde (vgl hiezu § 34 Abs 2 Stmk BauG) als ein rechtzeitiger Baubeginn qualifiziert werden, stellt doch eine solche Anzeige gerade keine faktische bautechnische Maßnahme dar.

 

Der Vollständigkeit halber gilt es jedoch darauf hinzuweisen, dass die bloße Tatsache, dass durch den Baubewilligungsinhaber die Anzeige des Baubeginns gegenüber der Baubehörde unterlassen wurde, umgekehrt aber auch nicht den Schluss zulässt, dass mit der Bauausführung faktisch keinesfalls begonnen worden sei (VwGH 0473/79 VwSlg 9850 A).

 

Rechtlich nicht unspannend und für die Praxis durchaus nicht irrelevant ist auch die Frage danach, ob bauliche Maßnahmen, die auf die Errichtung einer mitbewilligten Nebenanlage (wie zB eines Kfz-Abstellplatzes oder eines Nebengebäudes) gerichtet sind, auch als ein Baubeginn für das Hauptvorhaben (wie zB ein Wohngebäude oder eine Betriebsanlage) zu qualifizieren seien und daher auch die Baubewilligung in diesem Umfang vor dem Erlöschen bewahren.

 

Wenn und solange das baubewilligte Vorhaben nach dem Bauwillen des Inhabers der Baubewilligung nicht teilbar war, wird man unseres Erachtens zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass etwa auch die Errichtung eines Fundamentes für einen Kfz-Abstellplatz als ein rechtzeitiger Baubeginn für die Betriebsanlage, welcher der Kfz-Abstellplatz in Hinkunft dienen soll, zu qualifizieren ist (VwGH 23.02.1999, 96/05/0141; auf den Bauwillen abstellend VwGH 16.03.1989, 88/06/0084). Von einer solchen Unteilbarkeit wird man unseres Erachtens jedenfalls schon dann ausgehen dürfen und müssen, wenn die Betriebsanlage ohne den Kfz-Abstellplatz gar nicht hätte rechtmäßig errichtet werden dürfen.

 

Ist das baubewilligte Vorhaben hingegen teilbar, kann die Baubewilligung auch bloß zum Teil erlöschen.

Unser Tipp für den rechtzeitigen Baubeginn in der Baupraxis:

Da nach der Rechtsprechung des VwGH als ein Baubeginn iSd § 31 Stmk BauG stets nur faktische, auf die Herstellung des bewilligten Vorhabens tatsächlich gerichtete, bautechnische Maßnahmen gelten, wird jeder Baubewilligungsinhaber gut damit beraten sein, binnen 5 Jahren ab Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides zumindest die Baugrube auszuheben, wenn aber möglich sogar einen nicht bloß unerheblichen Teil des Fundaments zu errichten.

 

Besteht das baubewilligte Projekt aus mehreren Teilen, empfiehlt es sich aus Vorsichtsgründen, für jeden selbständigen Teil einen eigenen Baubeginn zu setzen, um ein teilweises Erlöschen der Baubewilligung zu vermeiden.

 

Zu Beweiszwecken empfiehlt es sich schließlich, sämtliche durchgeführten baulichen Maßnahmen gut zu dokumentieren und der Baubehörde bekannt zu geben.

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